Mit der Zunahme von Rechnerleistungen und der Verbreitung digitaler Informationstechnologien finden Arbeitspraktiken in biomedizinischen Laboren immer mehr im Zusammenspiel mit computergestützten Werkzeugen und Verfahren statt. Labore erstrecken sich dabei über digitale Infrastrukturen und Netzwerke und dehnen sich über das Internet mit digitalen Datenbanken und Verzeichnissen oder – wie im Falle von digitalen Citizen Science Spielen – über Spielplattformen, die die Analyse von Forschungsdaten an eine Crowd auslagern, aus. Am Beispiel der biomedizinischen Erforschung der Alzheimerkrankheit gehe ich in meinem Vortrag der Frage nach, wie sich die Arbeitspraktiken biomedizinischer Forscher:innen im Rahmen eines digitalen Citizen Science Projekts verändern und so zum Beispiel Vertrauen in ihre Forschungsdaten und -ergebnisse sowie in die (teilweise ausgelagerten) Forschungspraktiken neu hergestellt wird.
Der Vortrag basiert auf meiner zweijährigen ethnografischen Feldforschung zum Human Computation-basierten Citizen Science Spiel Stall Catchers im Rahmen meiner Promotionsforschung und dem DFG-Projekt „Spielend in the loop“ (Projektleitung Prof. Dr. Johannes Moser). Besonders relevant für diesen Beitrag sind zwei mehrmonatige Feldaufenthalte bestehend aus teilnehmender Beobachtung und qualitativen Interviews im biomedizinischen Techniklabor in Ithaca, NY, dessen Forschungsdaten in Stall Catchers analysiert werden.
Ausgehend von Alberto Corsín Jiménez‘ (2011) Überlegungen zu Vertrauen als sowohl kognitive als auch materielle Kategorie verstehe ich Vertrauen als soziomaterielle Relation und Praktik und als über die soziotechnische Assemblage verteilt. Ich zeige, wie Vertrauen in Forschungsdaten, -ergebnisse und -praktiken dabei neu ausgehandelt und soziomateriell hergestellt wird. Dateninfrastrukturen, Software Tools und die digitale Spielplattform Stall Catchers treten zwischen Forscher:innen und ihre Daten, welche selbst zwischen multiplen Repräsentationen oszillieren und transformiert werden. Vertrauen wird hier nicht nur in sozialen Relationen, sondern gerade im Intra-agieren (Barad 2007) mit Daten, Technologien und digitalen Infrastrukturen vermittelt. In Anlehnung an Martin Holbraads „Truth in Motion“ (2012) ist Vertrauen als beweglicher Begriff zu verstehen mit dem nachvollziehbar wird, wie sich die zunehmend digital durchdrungene Arbeit biomedizinischer Forscher:innen in und mit soziomateriellen Vertrauensrelationen und -praktiken rekonfiguriert.