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↓ Digitale ethnografische Archive: Theorie- und Praxisperspektiven auf den Umgang mit Kulturerbe im digitalen Alltag

14:30 - 16:00 - Z 1.08/1.09

Organisation und Einführung: Lina Franken (Vechta) und Johannes Müske (Freiburg), Vorträge von: Marsina Noll (Dresden), Ira Spieker (Dresden), Christian Baisch (Bonn), Elisabeth Haug (Staufen), Sabine Zinn-Thomas (Stuttgart) und Matthias Möller (Freiburg).

Museen und Archive stellen im digitalen Alltag immer mehr Angebote im Netz bereit. Große Institutionen sind oft bereits einer kompletten Digitalisierung ihrer Bestände nahe, machen Archivalien und Objekte bzw. deren Metadaten in Online-Portalen oder -Verbünden digital verfügbar, teils leisten sie auch Vermittlungsarbeit (z.B. Blogs). Insbesondere kleinere Institutionen, zu denen volkskundlich-kulturwissenschaftliche Landesstellen oder Museen meist zählen, stehen bei Digitalisierung und Erschließung ihrer Sammlungen vor Herausforderungen: Zum einen sind ihre Gegenstände weniger bedeutungsgeladen und nicht selbsterklärend – historische Alltage in Bildern, Schrift- oder Klangquellen etwa bedürfen, anders als berühmte Kunstwerke oder technische ‚Errungenschaften‘, größerer Kontextualisierung, um ihren ‚Schauwert‘ zu verstehen und die Konstruktion narrativer Setzungen deutlich zu machen. Zum anderen steht die Sammlungsbetreuung oft hinter dem Tagesgeschäft wie Forschungs- und Ausstellungsprojekten zurück.

Das Panel diskutiert aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für das digitale kulturelle Erbe anhand konkreter Situationen in Institutionen der Empirischen Kulturwissenschaft: Online-Sammlungen sind aufwendig herzustellen und erfordern neue Darstellungsweisen für neue Zielgruppen. Forschende und andere Akteur:innen entwickeln neue Formen der Partizipation und Kollaboration. Nutzer:innen erleben Objekte fragmentiert ohne Ausstellungskontext, Mehrdeutigkeiten und Ungenauigkeiten müssen in Standards und Schlagwort-Vokabulare übersetzt werden. Wo dies angegangen wird, bestehen schnell umfangreiche Datenbanken, die anders – einfacher? – zugänglich sind als Zettelkästen. Durch die Verfügbarkeit der Informationen über Online-Portale (seien es eigene oder solche, an denen sich Institutionen beteiligen und Datensätze zuliefern), sind die Bestände mit den vorhandenen Informationen theoretisch jederzeit von überall zugänglich. Forschungsprojekte bauen allerdings noch vergleichsweise wenig auf diesen Wissensbeständen auf, obwohl diese kulturwissenschaftliche Forschung grundlegend verändern könnten. Im ersten Teil des Panels stehen kurze Inputs, im zweiten Teil folgt eine übergreifende Diskussion, welche die Perspektiven bündelt und theoretisierend weiterdenkt.

1. Kulturerbe – Praxis und Herausforderungen im digitalen Alltag (Inputs)

Lina Franken (Vechta) und Johannes Müske (Freiburg): Einführung: Digitales Kulturerbe und die Spezifika digitaler ethnografischer Archive

Der Beitrag greift die im Abstract ausgeführten Veränderungen aus kulturanalytischer Perspektive auf und gibt einen ersten Einblick in die Spezifika, die mit der Digitalisierung und Erschließung von ethnografischem Archivmaterial einhergehen. Er zeigt außerdem auf, wie mit den digitalen Beständen auch forscherisch umgegangen werden kann. Damit spannt diese Einführung den Rahmen zu übergreifenden, im Zuge von Digitalisierungsprojekten bestehenden und daraus resultierenden Fragen. Der systematisierende Zugang bereitet die folgenden Inputs vor und wirft Fragen auf, die in der anschließenden Diskussion wieder aufgegriffen werden.

Marsina Noll (Dresden) und Ira Spieker (Dresden): Forschung – Vermittlung – Vernetzung. Digitale Neuordnungen kulturwissenschaftlicher Sammlungen

Das ISGV präsentiert seit 2001 als eines der ersten kulturwissenschaftlichen Institute seine Bestände auch online. Die Präsentation im Sinne von Web 2.0 erfordert technische und rechtliche Anpassungen, (kollaborative) Präsentationsformen sowie die Diskussion forschungsethischer Fragen. Zugleich müssen Forschungsdaten für die nachhaltige Sicherung und Nachnutzung aufbereitet werden. Das (digitale) Bildarchiv des ISGV und das Lebensgeschichtliche Archiv stehen exemplarisch für solche wissenschaftspraktischen Anpassungen im Kontext von Verfügbarkeit und Vermittlung. Dabei bieten Umfang und Stand der Dokumentation dieser Bestände das Potenzial, auch die Entstehungszusammenhänge transparent zu machen. Die Website des Bildarchivs z.B. ermöglicht multiperspektivische Zugänge und Partizipationsmöglichkeiten durch sogenannte kuratierte Projekte, d.h. die Einordung von Bildern in kulturelle sowie (wissenschafts-)geschichtliche Kontexte. Beide Sammlungen richten sich mit ihrer Onlinepräsenz an ein wissenschaftliches Fachpublikum sowie an interessierte Laien.

Christian Baisch (Bonn): Portal Alltagskulturen im Rheinland: Vernetztes kulturelles Erbe

Das im Rahmen eines von der DFG geförderten Kooperationsprojektes entstandene Portal „Alltagskulturen im Rheinland“ präsentiert ausgewählte tiefenerschlossene Bestände aus drei Kultureinrichtungen des Landschaftsverbands Rheinland – den beiden Freilichtmuseen in Lindlar und Kommern sowie dem LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn mit dem dort beheimateten Archiv des Alltags im Rheinland. Das Portal bietet komplexe Recherchemöglichkeiten zu auf vielfältige Weise vernetzten Quellen zum materiellen und immateriellen kulturellen Erbe der Region – von Museumsobjekten über Fotos, Filme bis zu unikalem Schriftgut. Darüber hinaus werden die im Portal veröffentlichten Quellen umfangreich kontextualisiert und mit redaktionellen Texten zur Alltagskultur verknüpft.

Elisabeth Haug (Staufen), Sabine Zinn-Thomas (Stuttgart) und Matthias Möller (Freiburg): Digitales Kulturwissen vernetzt: Erfahrungen aus dem Forum Alltagskultur in Baden-Württemberg

Das Forum Alltagskultur in Baden-Württemberg hat sich 2016 gegründet, um die Kooperation von populär- und alltagskulturellen Forschungs- und Sammlungsinstitutionen zu stärken und unserem Fachzusammenhang eine größere Sichtbarkeit zu geben. Es vernetzt Archive, Universitäten und Museen und betreibt als gemeinsames Schaufenster die Webseite alltagskultur.info. Neben Universitätseinrichtungen und Fachabteilungen der Landesmuseen umfasst es auch die beiden Landesstellen für Volkskunde in Stuttgart und Staufen. Insbesondere dort gibt es unterschiedlich gelagerte Erfahrungen mit Digitalisierungsprojekten, Ausspielungen und den dahinter stehenden Drittmittelkooperationen. Auf sie und auf die gemeinsam betriebene Webseite möchten wir in unserem Beitrag näher eingehen.