Die Durchdringung der menschlichen Alltage durch Technik im Sinne Bausingers (1961, 1981) ist bereits überholt worden von einer Konstitution menschlicher Alltage durch Technik und Digitalität. So sind es vielmehr Rekombinationen und Persistenzen miteinander in Konkurrenz stehender „Kultur/en der Digitalität“ (wie im Call festgehalten), die die Basis künftiger, auch ethnografischer Untersuchungen zum Leben mit dem und im Digitalen ausmachen. Akteur:innen, die durch ihre Alltage navigieren, machen sich derlei technisch-digitale Durchwebungen ihrer Leben, ihrer Sinnarbeit, ihrer Handlungsmacht bewusst und suchen – oftmals ein Ausdruck moderner Sehnsüchte – Alternativen zu gewohnten Umgangsweisen mit Technik und Digitalität. Sie erproben Alternativen und hoffen auf die Möglichkeit, Verbindungen zwischen Mensch, Maschine, Technizität, Ökonomie, Natur, Digitalität und Sozialem neu justieren zu können, etwa indem sie – gewöhnlich zeitlich und lokal beschränkt – auf ein Smartphone verzichten. Ihre Ethnotheorien sind es, die mich interessieren, die ich zu Mensch-Technik-Debatten in Relation stellen will, etwa um das Verhältnis von technischem Artefakt (Handy) zur Technologie (Beck 1997: 16) in seiner Alltagsintegration (Hämmerling 2016) neu zu beleuchten.
Aufbauend auf den Studien von Hannah Kanz, Paula Helm und den „disconnection studies“ werden dabei drei Schlaglichter verfolgt: Interviews mit jungen Frauen, die sich erst mit 17/18 Jahren ein Handy zulegten, erkunden diskursive Verortungen von Mensch-Technik-Relationen in Bezug auf die Idee einer gelungenen Jugend. In Social Media-Vlogs festgehaltene Erfahrungen mit einem ‚digital detox‘, also dem zeitweisen Verzicht auf die Handynutzung bzw. die Nutzung von Social Media, werden ferner analysiert und in Hinblick auf Entgrenzungen (Herlyn/Müske/Schönberger/Sutter 2009) ausgewertet, denn hier zeigt sich eine Ablösung der Entgrenzungslogik von Fragen nach Freizeit und Arbeit, bzw. privat und öffentlich hin zu Fragen nach der Beziehung der Smartphonenutzenden ‚zu sich selbst‘. Und drittens werden Räume beleuchtet, in denen Handy-Verbote ausgesprochen werden (Schule, Elternhaus), da hier Aushandlungen über die Sinnhaftigkeit von Handy-Verboten und -Zeitbeschränkungen beobachtet werden können, in denen sich nicht zuletzt Hierarchien zeigen. Diese Untersuchung ergibt sich aus meinen bisherigen Studien zur Alltagsintegration von Medien, dem Verhältnis von Arbeit zu Nicht-Arbeit und zu Vertrauen und Misstrauen, an denen ich als Oberassistentin an der Universität Zürich sowie an der Universität Hamburg arbeite.