„Imagine a world where anything is possible“ – anhand dieses Gedankenspiels wirbt das Massive-Multiplayer-Onlinegame VRChat mit den Vorzügen der virtuellen Welt. VRChat ist als eine soziale Plattform zu verstehen, welche die Akteur:innen nach eigenem Belieben gestalten können. Freundschaften können im Spiel geschlossen, eigene Welten erschaffen und alternative Körper erkundet werden. Dabei baut das Spiel auf der Technologie der Virtual Reality auf und erlaubt es den Spieler:innen, in die verschiedensten digitalen Avatare und mit ihnen in verschiedene Welten einzutauchen.
Mein Beitrag basiert auf meiner 2021 eingereichten Bachelorarbeit, die sich mit der Analyse emotional-sinnlicher Praktiken beschäftigte. Ausgehend von den Ergebnissen der Abschlussarbeit soll mein Beitrag dem Problem nachgehen, inwiefern Fragen der Privatsphäre in einer immer intimeren digitalen Welt an Relevanz gewinnen. Grundlage der Forschung sind teilnehmende Beobachtungen einer Spieler:innengruppe mit wiederkehrenden Feldaufenthalten, welche durch informelle Gespräche ergänzt wurden. Die Spieler:innengruppe begleitete ich in einem Zeitraum von zwei Monaten, wobei ich regelmäßig an unterschiedlichen digitalen Events teilnahm. Vom Besuch von Bars, über die Teilnahme an einer Latexparty, bis hin zu einer Führung durch einen Sexclub konnte ich einen differenzierten Einblick in die Logiken und Dynamiken der beforschten Gruppe erlangen.
An die Feldphase anschließend wurden zwei leitfadenorientierte Interviews geführt.
Die Analyse der empirischen Materialien zeigte, dass emotional-sinnliche Erfahrungen in allen Facetten des alltäglichen Spielerlebnisses der beobachteten Gruppe eine relevante Rolle einnehmen. Das Aushandeln von Nähe und Zuneigung sowie das Schaffen von geschützten privaten Räumen für das Ausleben sexueller Präferenzen standen im Fokus der Emotionspraktiken. So wurden etwa Räume und Avatare speziell für den Geschlechtsverkehr konstruiert und über den Einsatz verschiedener Sinneseindrücke emotional aufgeladen.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass in den Beziehung von digitalem Avatar und den Spieler:innen die Grenzen zunehmend verschwimmen, wobei die virtuelle Welt einen Raum für die Akteur:innen schafft, der es erlaubt, ihre Entwürfe von Sexualität und Partner:innenschaft in privaten, geschützten Räumen zu entfalten.