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Hackathons lassen sich als Ausdruck gegenwärtiger Entwicklungen von Arbeit im digitalen Kapitalismus begreifen: Sie präsentieren sich als erlebnis- und technikorientierte Events, auf denen gemeinsam an kreativen Lösungen komplexer technischer wie gesellschaftlicher Probleme gearbeitet wird. Die Teilnehmenden finden für eine begrenzte Zeitspanne zusammen, um digitale Problemlösungen zu entwickeln. Doch Hackathons sind mehr als nur Tech-Events für hackende Nerds. Sie sind ein fester Bestandteil einer Kreativindustrie, die sich der technologisch getriebenen Lösung gesellschaftlicher Probleme verschrieben hat. Der Vortrag geht Sharon Zukins (2020) These von Hackathons als Idealtypus des digitalen Geists des Kapitalismus anhand eigener empirischer Forschung in Deutschland und Österreich nach. Den Kontext für den Vortrag bildet ein kollaboratives Forschungsprojekt zu Hackathons im Rahmen des von der DFG geförderten Netzwerkes „Kreativ-Künstlerische Erwerbsarbeit“. Die Arbeit basiert auf ethnografischen Miniaturen von Hackathons in Berlin, Bonn und Klagenfurt, Interviews mit organisatorisch Beteiligten sowie einer Videoanalyse eines Livestreams des Münster Hacks im Coronajahr 2020.

Mit der Zunahme von Rechnerleistungen und der Verbreitung digitaler Informationstechnologien finden Arbeitspraktiken in biomedizinischen Laboren immer mehr im Zusammenspiel mit computergestützten Werkzeugen und Verfahren statt. Labore erstrecken sich dabei über digitale Infrastrukturen und Netzwerke und dehnen sich über das Internet mit digitalen Datenbanken und Verzeichnissen oder – wie im Falle von digitalen Citizen Science Spielen – über Spielplattformen, die die Analyse von Forschungsdaten an eine Crowd auslagern, aus. Am Beispiel der biomedizinischen Erforschung der Alzheimerkrankheit gehe ich in meinem Vortrag der Frage nach, wie sich die Arbeitspraktiken biomedizinischer Forscher:innen im Rahmen eines digitalen Citizen Science Projekts verändern und so zum Beispiel Vertrauen in ihre Forschungsdaten und -ergebnisse sowie in die (teilweise ausgelagerten) Forschungspraktiken neu hergestellt wird.

Der Vortrag basiert auf meiner zweijährigen ethnografischen Feldforschung zum Human Computation-basierten Citizen Science Spiel Stall Catchers im Rahmen meiner Promotionsforschung und dem DFG-Projekt „Spielend in the loop“ (Projektleitung Prof. Dr. Johannes Moser). Besonders relevant für diesen Beitrag sind zwei mehrmonatige Feldaufenthalte bestehend aus teilnehmender Beobachtung und qualitativen Interviews im biomedizinischen Techniklabor in Ithaca, NY, dessen Forschungsdaten in Stall Catchers analysiert werden. 

Ausgehend von Alberto Corsín Jiménez‘ (2011) Überlegungen zu Vertrauen als sowohl kognitive als auch materielle Kategorie verstehe ich Vertrauen als soziomaterielle Relation und Praktik und als über die soziotechnische Assemblage verteilt. Ich zeige, wie Vertrauen in Forschungsdaten, -ergebnisse und -praktiken dabei neu ausgehandelt und soziomateriell hergestellt wird. Dateninfrastrukturen, Software Tools und die digitale Spielplattform Stall Catchers treten zwischen Forscher:innen und ihre Daten, welche selbst zwischen multiplen Repräsentationen oszillieren und transformiert werden. Vertrauen wird hier nicht nur in sozialen Relationen, sondern gerade im Intra-agieren (Barad 2007) mit Daten, Technologien und digitalen Infrastrukturen vermittelt. In Anlehnung an Martin Holbraads „Truth in Motion“ (2012) ist Vertrauen als beweglicher Begriff zu verstehen mit dem nachvollziehbar wird, wie sich die zunehmend digital durchdrungene Arbeit biomedizinischer Forscher:innen in und mit soziomateriellen Vertrauensrelationen und -praktiken rekonfiguriert. 

Die Selbstbeschreibung von digitalen Plattformunternehmen rekurriert häufig auf Narrative wie der Zugehörigkeit zu einer technologischen und nachhaltigen Avantgarde, die eine Veränderung der sozialen Wirklichkeit durch Technik und Innovation schaffen würde. Jedoch sind Plattformunternehmen als Intermediäre – nicht als Arbeitgeber:innen – dem Grundgedanken nach auf der großflächigen, automatisierten und vernetzten Sammlung und Nutzung von Daten als Geschäftsmodell aufgebaut. Die Ausgestaltung dieses Datafizierungsbemühens hat Auswirkungen und Konsequenzen für die Arbeitspraxis und unterläuft z.T. die Narrationen der Plattformen. 

Anhand von zwei empirischen Beispielen aus dem Fahrradkurierwesen sollen maximal divergierende Organisationen gegenübergestellt werden. Gemeinsam ist ihnen die Verwendung algorithmischer Infrastrukturen zur Arbeitskoordination, wobei sie sehr unterschiedliche Arbeitskulturen und Gemeinschaften herausgebildet haben. Der kommerzielle Kurierdienst bemüht rhetorisch die selbstbestimmte und freie Arbeit, ersetzt dabei den:die direkte:n Chef:in durch eine Steuerung durch ein algorithmisches Management. Der kooperativ betriebene Kurierdienst hingegen setzt bei dem Einsatz von technischen Tools auf Partizipation und Mitbestimmung. Unabhängig von der Unternehmensform haben alle Arbeiter:innen sich digital vernetzt und (über-)regionale Gemeinschaften etabliert. 

Die Besonderheiten der unterschiedlichen Kulturen der Digitalität in den Blick nehmend, sollen die alltäglichen Herausforderungen von digitalen Arbeitskulturen beleuchtet werden und was das konkret für die Ausübung der Erwerbsarbeit (und im Falle des Kollektivs für ihr Leben) bedeutet. Zum einen geraten dadurch die digital organisierten alltäglichen Austauschbeziehungen in den Fokus. Zum anderen sollen die Arbeitsorganisationen in Bezug auf Selbstbestimmung, Nudging und Gamification betrachtet werden. 

Der Vortrag beruht auf zwei qualitativen Fallstudien, die im Rahmen des Projekts „Digitale Projektgemeinschaften als Innovationsinkubatoren“ von 2017-2020 erhoben wurden und Teil meines Dissertationsprojekts sind. Mein Interesse gilt dem Spannungsverhältnis der algorithmischen Arbeitskoordination zwischen Autonomie und Kontrolle. Im Rahmen meiner derzeitigen Tätigkeit im DFG-Forschungsverbund „Digitalisierung der Arbeitswelten“ beschäftigen mich dazu Fragen rund um die digitale Transformation alltäglicher Arbeitsbeziehungen.

Wenn wir online surfen, sehen wir meistens nicht die Dinge, die dieses Surfen ermöglichen. Das Vergleichen der besten Hotels, das Finden des Stromtarifs mit den wenigsten Aufschlägen oder auch das Entscheiden für den neuen Kühlschrank, der den alten ersetzen soll: All diese Praktiken funktionieren online nur deshalb, weil jemand die Wege, Pfade und ‚Reisen‘ des Vergleichens, Stöberns und Surfens gebaut hat. Dieser Vortrag zeigt aus der Innensicht einer Preisvergleichsplattform, wie eine User Journey hergestellt wird und als standardisiertes Produkt von Arbeit unser digitales Online-Surfen gestaltet.

2019 habe ich eine Feldforschung in einer Preisvergleichsplattform durchgeführt. Ich folgte dabei der Frage, wie es ist, in der Plattform zu arbeiten, und woran gearbeitet wird. Mit dieser letzten Frage verband ich das Interesse aufzeigen zu können, wie die Arbeit an einer Daten-Infrastruktur oder einer User Journey Bedingung produziert, wie man online unterwegs ist.

In diesem Vortrag zeige ich diese Ebene mit meinem Besuch bei einem Nutzer:innentest. Hier werden Proband:innen in qualitativen Testsettings nach dem Aufbau der Plattform-Webseite befragt. Je nach den Erwartungen der Proband:innen, was passieren müsste, wenn dieser oder jener Button angeklickt wird, passen Mitarbeitende die User Journey an. Diese soll Konsumierende an möglichst vielen Bedarfen abholen und beim jeweiligen Produkt, wie der Reise, dem Kühlschrank oder dem Stromtarif, ‚ausspucken‘. Die User Journey ist – so argumentiere ich hier – ein angefertigtes standardisiertes Produkt. Ich zeige dabei, wie die willkürlich wirkende Praxis Online zu surfen, zu einem Standard gemacht wird (Lampland & Star, 2009): was beim Surfen chaotisch wirkt, ist der Umgang mit der User Journey als Standard. Das Internet ist so gesehen voller Produkte, Standards und Waren, die wir als solche nicht sehen: Newsletter, Buttons, User Journeys. Diese interpretiere ich mit Sabine Pfeiffers Theorie der Distributivkraft (2021) als ein Ensemble zur Wertrealisierung: Was E-Commerce-Plattformen wie die Preisvergleichsplattform leisten, ist die gesteigerte Effizienz des Warenabsatzes.

Literatur

Lampland, M., & Star, S. L. (Hrsg.). (2009). Standards and Their Stories. How Quantifying, Classifying, and Formalizing Practices Shape Everyday Life. Cornell University Press; Pfeiffer, S. (2021). Digitalisierung als Distributivkraft. Über das Neue am digitalen Kapitalismus. Transcript.